Vitamin B12 Körperspeicher

B12-Speicher auffüllen 

Vitamin B12 Körperspeicher

Vitamin B12 Körperspeicher: Nach einem längeren Mangel kann es nötig sein, die Vitamin-B12-Körperspeicher durch eine hochdosierte Anfangstherapie aufzufüllen.

Vitamin B12 Körperspeicher: Notreserve oder Luxus?

Für kaum ein Vitamin legt unser Körper einen so reichhaltigen Speicher an, wie für Vitamin B12. Geschätzte 2000- 4000µg Vitamin speichert der Körper (1-3)– vor allem in unserer Leber. (4) Bei einem Minimal-Bedarf von etwa 1 µg pro Tag könnten wir damit die Funktionsfähigkeit des Körpers theoretisch um die 10 Jahre lang aufrecht erhalten. Ein Grund, warum sich die ernsteren Auswirkungen eines Vitamin-B12-Mangels oft erst nach vielen Jahren zeigen.

Über die optimale Größe und biologische Bedeutung der Körperspeicher herrscht keine Einigkeit. Eine Lesart vermutet, dass die Körperspeicher sicherstellen, dass auch bei unregelmäßiger Aufnahme von Vitamin B12 eine Versorgung des Körpers mit dem Vitamin sichergestellt beleibt – möglicherweise ein Hinweis darauf, wie wichtig B12 für den Organismus ist, andererseits vielleicht auch darauf, dass Fleisch bei unseren Vorfahren früher viel seltener auf dem Speiseplan stand.

Andere Forscher sehen in den extrem hohen Körperspeichern ein Luxus-Phänomen  (5): Die Aufnahme in den Industrieländern läge aufgrund des hohen Fleischkonsums weit über dem Bedarf, wodurch sich das Vitamin in der Leber anreichere. Die Tatsache, dass der Körper sehr hohe Speicher durch eine erhöhte Ausscheidung abbaut, spricht für diese Lesart.

Vermutlich ist jedoch beides zum Teil wahr: Während der Körper natürlicherweise einen Vitamin-B12-Vorrat anzulegen scheint, könnte dessen Höhe in den Industrieländern heute weit über den natürlichen Bedarf hinausgehen. Es wird zum Teil angenommen, dass die B12-Versorgung erst dann kritisch wird, wenn die Größe der Körperspeicher unter 500µg fällt. (6)

Zusammensetzung der B12-Körperspeicher

Folgende Durchschnittswerte wurden für Vitamin-B12-Körperspeicher in einer Studie ermittelt: (7)

Wird das Vitamin-B12 aus der Leber im Körper benötigt, spaltet sich die Adenosylgruppe ab und das Cobalamin wird in die Zellen transportiert, wo sich Methyl- und Hydroxocobalamin bilden. Die niedrigeren Werte für Methylcobalamin erklären sich nicht durch einen niedrigen Bedarf an dieser Form, sondern dadurch, dass diese aktive Form nach Bedarf entsteht und recht schnell in Reaktion geht, weshalb es sich kaum in Vorräten anreichert.

Erschöpfen der B12-Körperspeicher

Erste Anzeichen eines Vitamin-B12-Mangels treten bei B12-armer Ernährung durchschnittlich nach 2-8 Jahren auf. (8,9) Bei vegetarisch ernährten Kindern und bei Säuglingen von Müttern mit B12-Mangel (10) können sich keine Körperspeicher bilden und ein Mangel kann dadurch schon sehr früh im Leben auftreten.

Wir verlieren täglich etwa 0,1 Prozent unserer Körperspeicher über den Urin, unabhängig von der Größe der Körperspeicher. Dies bedeutet, dass der B12-Verlust über den Urin mit der Größe der Körperspeicher ansteigt (11).

Heute wird davon ausgegangen, dass es sinnvoll ist, Körperspeicher in der Höhe von 1000 bis 2000 µg zu erhalten, um Zeiten erhöhen Bedarfs, Darmkrankheiten und Perioden mit einer geringen Aufnahme problemlos überbrücken zu können.

Folgen niedriger Vitamin-B12-Körperspeicher

Oberhalb von 500 bis 1000 µg Vitamin B12 in den Körperspeichern der Leber ist zunächst kein direkter gesundheitlicher Vorteil erkennbar. Liegen die Körperspeicher also im genannten Bereich zwischen 500 und 1000 µg, ist ihre Kapazität zwar nicht gesättigt, die Funktion des Organismus wird dadurch aber nicht beeinträchtigt.

Der einzige, aber schwerwiegende Nachteil von niedrigen B12-Speichern wäre, dass sich im Falle einer abreißenden Zufuhr sehr schnell ernste Mangel-Symptome einstellen können.

Um dies zu vermeiden, wird empfohlen bei der B12-Aufnahme auch die Erhaltung der Körperspeicher zu berücksichtigen. Diese Überlegungen haben auch Eingang in die Festlegung der RDAs und der Angaben zur „empfohlenen täglichen Zufuhr“ gefunden: Die (je nach Land) empfohlenen 2,4 bis 3 µg Vitamin B12 sollen nicht nur den Bedarf decken, sondern auch die Körperspeicher erhalten.

Es wird jedoch von Vitamin-Experten und aktuellen Studien bezweifelt, ob diese Dosierungen tatsächlich ausreichend sind. (siehe hierzu den Artikel: Vitamin-B12-Tagesbedarf)

Auffüllen der Vitamin-B12-Speicher

Eine solche Erhaltungsdosis setzt aber natürlich voraus, dass bereits Körperspeicher existieren, die erhalten werden können. Da ein Vitamin-B12-Mangel aber meist erst dann bemerkt wird, wenn die Speicher längst erschöpft sind, kann durch solch niedrige Dosen kein neuer Speicher aufgebaut werden.

Oftmals wird darum eine Vitamin-B12-Therapie mit einer hohen Anfangsdosis begonnen, welche die Körperspeicher wieder auffüllen soll. Hier kommt man mit einer oralen Aufnahme von Vitamin B12 über Tabletten, Kapseln oder Tropfen jedoch schnell an die Grenzen des Möglichen. Denn selbst von einer sehr hohen Dosis von 1000µg oralem Vitamin B12 nimmt der Körper auch unter den optimistischsten Szenarien maximal 13 µg auf.

Auf diese Weise einen Körperspeicher von 2000µg aufzubauen, würde also über ein halbes Jahr dauern. Deshalb wird hier häufig auf Vitamin-B12-Injektionen zurückgegriffen, wo die Aufnahme bei gleicher Dosis und dem Wirkstoff Hydroxocobalamin bis zu 700µg betragen kann. Die Körperspeicher wären so bereits nach wenigen Injektionen wieder optimal gefüllt.

Bei einer regelmäßigen Zufuhr von Vitamin-B12-Präparaten ist eine orale Aufnahme aber kein Nachteil: Auf Geschwindigkeit kommt es nicht an. Der tägliche Bedarf ist gedeckt und die Speicher füllen sich bei geeigneter Dosis sukzessive auf. Es wird aber klar, dass eine Supplementierung von Vitamin B12 immer regelmäßig und über einen langen Zeitraum erfolgen sollte, will man nicht sofort in einen Mangel zurückfallen.

B12 Therapie und Körperspeicher

Die Erhaltung von Vitamin-B12-Körperspeichern wird heute allgemein als erstrebenswert betrachtet und sollte bei der Vitamin-B12-Therapie berücksichtigt werden. Bei oralen Präparaten oder nach einem akutem Mangel sollte eine regelmäßige Einnahme von großzügig bemessenen Dosen um die 500µg über viele Monate erfolgen, bevor auf eine Minimaldosis reduziert wird. Ideal wäre hier eine Mischung aus Methylcobalamin – und Hydroxocobalamin, da letzteres besonders gute Depot-Eigenschaften aufweist.

Quellen

  1. 1 Reizenstein PS, Ek G, Matthews CME. Vitamin B,2 kinetics in man. Implications of total-body B12 deter- minations, human requirements, and normal and pathological cellular B,2 uptake. Phys Med Biol 1966;2:295-306.
  2. 2 Hall CA. Long-term excretion of 57Co.vitamin B12 and turnoverwith plasma. AmJClinNutr 1964;14:156- 62.
  3. 3 Adams iF, Boddy K, Douglas AS. Interrelation of serum vitamin B2, total body vitamin B12, peripheral blood morphology and the nature of erythropoiesis. Br J Haematol 1972:23:297-305.
  4. 4 Linnell JC, Hofibrand AV, Hussein HAA, Wise LI, Matthews DM. Tissue distribution ofcoenzyme and other forms of vitamin B32 in control subjects and patients with pernicious anemia. Gin Sci Mol Med l974;46: 163-72.
  5. 5 Donald S. McLaren. The luxus vitamins-A and B12 Am. J. Clin. Nutr. 34 : 161 1-1616, 1981.
  6. 6 GRASBEcK, R. Calculations on vitamin B12 turnover in man. Scandinav. J. C/in. & Lab. Invest., 11:250, 1959.
  7. 7 Linnell JC. The fate of cobalamins in vivo. In: Babior BM, ed. Cobalamin: biochemistry and pathophysiology. New York: Wiley-Interscience. 1975: 287-333.
  8. 8 Chanarin I. The megaloblastic anaemias. 2nd ed. Oxford: Blackwell, 1979.
  9. 9 Maclean, L. D. and Sunbert, R. D. Incidence of megaloblastic anemia after total gastrectomy. New England J. Med., 254: 885, 1956.
  10. 10 Dorothy K. Grange, Jonathan L. Finlay. Nutritional Vitamin B12 Deficiency in a Breastfed Infant Following Maternal Gastric Bypass. Pediatric Hematology-Oncology 1994 11:3, 311-318
  11. 11 Heyssel, R. M., et al. Vitamin B12 Turnover in Man The Assimulation of Vitamin B12 from Natural Foodstuff by Man and Estimates of Minimal Daily Dietary Requirements. The American journal of clinical nutrition, 1966, 18. Jg., Nr. 3, S. 176-184.