Natürliche Vitamine und Coenzym-Formen

Natürliche B-Vitamine 

Natürliche Vitamine und Coenzym-Formen

Vitamin-B-Komplex: Was sind synthetische und natürliche Vitamine? Welchen Vorteil haben Präparate aus natürlichen Quellen oder mit Vitaminen in Coenzym-Formen?

Natürliche und synthetische Vitamine

Zusammenfassung

  • Die synthetischen Vitamine in Präparaten unterscheiden sich chemisch deutlich von natürlichen Vitaminen in Nahrungsmitteln und unserem Körper
  • Synthetische Vitamine können nicht direkt verwertet werden und müssen vom Körper erst umgewandelt werden
  • B-Vitamine können auch in ihren Co-Enzym-Formen verabreicht werden – so wie sie auch im Körper vorkommen.

Die Vitamine des Vitamin-B-Komplexes finden sich ausreichenden Mengen in vielen Lebensmitteln. Wo der Verdacht besteht, dass aufgrund hoher Belastung, unausgewogener Ernährung oder Aufnahmestörungen nicht genügend B-Vitamine mit der Nahrung aufgenommen werden können, sollen Nahrungsergänzungsmittel mit dem Vitamin-B-Komplex einen gleichwertigen Ersatz bieten.

Einige Experten bezweifeln dies jedoch, denn die chemische Form der natürlich vorkommenden B-Vitamine unterscheidet sich erheblich von den synthetisch erzeugten Vitaminen, die in den meisten Vitamin-B-Komplex-Präparaten zu finden sind. Nicht nur kommen diese chemischen Stoffe in dieser Form zum Teil nirgendwo in der Natur vor, diesen Präparaten fehlen auch die vielfältigen Co-Faktoren, mit denen diese Vitamine in Lebensmitteln natürlicherweise stets im Verbund auftauchen. Einige Kritiker gehen sogar davon aus, dass Vitamine generell nicht als isolierte Substanzen, sondern als eng zusammenwirkende Wirkstoffkomplexe begriffen werden sollten, weshalb Vitamine als synthetisch isolierte Chemikalien nicht wie ihre natürlichen Vorbilder wirken und möglicherweise sogar schädlich sein könnten.

Diese Sichtweise mag als äußert umstritten gelten, denn wirklich aussagekräftige Studien gibt es zu diesem Thema bisher kaum. Zwar ist bekannt, dass viele Vitamine in ihrer Wirkung von zahlreichen anderen Nährstoffen abhängig sind, jedoch belegt der teilweise große Erfolg von Vitamin-Therapien mit synthetischen Einzelpräparaten, dass die isolierten, synthetischen Formen sehr wohl eine gesundheitliche Wirkung entfalten. Ob natürliche Vitamine gemeinsam mit ihren Ko-Faktoren möglicherweise eine noch größere Wirkung entfalten, ist nach unserem Kenntnisstand für die B-Vitamine bisher nicht in vergleichenden Studien erforscht worden. Ebenso unklar ist, inwiefern synthetische Vitamine langfristige Nebenwirkungen haben könnten, wie teilweise befürchtet wird.

Natürliche B-Komplex-Vitamine aus Nahrungsmitteln

Die Idee, Vitamine direkt aus natürlichen Nahrungsmitteln zu extrahieren, scheint zunächst eigentlich am Naheliegendsten – doch für die Hersteller von Vitamin-Präparaten haben die synthetischen Vitamine ganz deutliche Vorteile: Sie lassen sich durch chemische Verfahren in gleichbleibender Qualität, beliebig hoher Dosierung und zudem einfacher und günstiger herstellen, als natürliche Vitamine und sind chemisch auch deutlich stabiler.

Trotzdem führen die wachsenden Bedenken vieler Konsumenten und Vitamin-Experten gegenüber synthetischen Vitaminen seit einigen Jahren zu dem Bestreben einiger Hersteller, die B-Vitamine als natürliche Pflanzenextrakte anzubieten, in denen die Vitamin-Komplexe mitsamt ihrer Ko-Faktoren enthalten sind. Mittlerweile gibt es zahlreiche solcher Präparate am Markt, die aber sehr unterschiedliche Verfahren verwenden.

Äußerst selten werden die Vitamine wirklich aus Lebensmitteln wie Gemüse, Sprossen, Kräutern und Früchten extrahiert, da hierfür ein relativ komplexes Verfahren notwendig ist. Hierbei werden die Träger-Pflanzen in einer biologischen Nährlösung aus anderen Pflanzenextrakten gezogen. Der Nährlösung werden bestimmte Peptide zugesetzt, welche die Vitamine umwandeln und in die Zellen der Pflanze transportieren. Sobald dies erreicht ist, wird die Pflanze geerntet und der Zellinhalt extrahiert. Bei dem gesamten Verfahren kommen nur pflanzliche, meist biologisch angebaute Zutaten zum Einsatz. Vitamin B12, welches in Pflanzen nicht vorkommt, wird entweder durch Mikroorganismen kultiviert oder als Co-Enzym zugesetzt. Präparate dieser Art werden zumeist als „whole-food Vitamine“ bezeichnet und weltweit nur von einer handvoll von Herstellern angeboten.

Sehr viel häufiger eingesetzt werden Biokulturen von Hefen und Probiotika in Verbindung mit speziellen Nährlösungen, welche synthetische Vitaminen oder deren Komponenten und Vorstufen enthalten. Die Hefe nimmt die Vitamine auf und reichert sich damit an. Die Vitamine können so als pflanzliches Produkt geerntet werden. Diese Produkte werben damit, natürliche, renaturierte Vitamine in „Lebensmittel-Qualität“ oder als „Food-State“ zu enthalten.

Als dritte Kategorie gibt es Präparate, welche einen Mix synthetischer Vitamine enthalten, zusätzlich aber mit Pflanzenextrakten solcher Pflanzen angereichert werden, die diese Vitamine natürlicherweise enthalten. Die Philosophie dahinter ist, dem Körper das natürliche Nährstoffspektrum mit allen Ko-Faktoren anzubieten, statt nur die chemisch isolierten Vitamine, gleichzeitig aber die oben beschriebenen Verfahren zu umgehen und einfachere Kontrolle über die Dosierung der Vitamine zu behalten.

B-Vitamine in ihren Coenzym-Formen

Einige Hersteller gehen noch einen anderen Weg: Statt der isolierten künstlichen Formen der B-Komplex-Vitamine – die weder in der Natur noch in unserem Körper vorkommen – verwenden sie die aktivierten Coenzym-Formen der Vitamine, wie sie vom Körper tatsächlich verstoffwechselt werden. Zwar sind auch diese Vitamine künstlich hergestellt und isoliert, haben aber immerhin eine bioidentische Form – und können darum vom Körper direkt verwertet werden.

Die B-Vitamine in ihren Kunst-Formen hingegen müssen vom Körper erst „aktiviert“ werden, um ihre Funktionen erfüllen zu können. Dafür sind oft mehrere Stoffwechselprozesse notwendig, die wiederum von zahlreichen anderen Nährstoffen abhängen, die dem Körper zum Teil entzogen werden. Dies stellt einen metabolischen Verlust da und setzt auch voraus, dass alle nötigen Faktoren überhaupt ausreichend vorhanden sind.

Hinzu kommt, dass viele isolierte Vitamine durch Hilfsstoffe wie Hydrochlorid (B1, B6) oder Cyanid (B12) stabilisiert werden müssen. So liegt etwa Vitamin B1 in vielen B-Komplex-Präparaten als Thiaminhydrochlorid (Thiamin-HCl) vor und Vitamin B12 als Cyanocobalamin – Formen, die weder in Nahrungsmitteln noch im menschlichen Körper signifikant vorkommen und vom Körper auch nicht direkt verwertet werden können. Sehr ähnlich verhält es sich mit fast allen Vitaminen.

Die Verwendung der Coenzym-Formen hat also theoretisch mehrere Vorteile:

  • Es werden direkt bioverfügbare Formen verabreicht, die der Körper ohne Umwandlung verwerten kann.

  • Zusätzliche Stoffwechsel-Schritte werden unnötig.

  • Die Abhängigkeit von anderen Nährstoffen wird minimiert.

  • Die Co-Enzym-Formen sind teilweise herstellungsbedingt reiner als ihre isolierten Alternativen (z.B. bei Vitamin B6)

Eine weitere Möglichkeit ist der Einsatz von natürlichen Vitamin-Vorstufen, die im Organismus schnell zum wirksamen Vitamin umgebaut werden können. Um beim Beispiel Vitamin B1 zu bleiben, wird hier teilweise Benfotiamin eingesetzt, eine fettlösliche Vorstufe des Vitamins B1, die sich vom wasserlöslichen Vitamin B1 dadurch unterscheidet, dass die Aufnahme etwa 5-7 Mal höher ist. (1)

Vitamin B-Komplex und Coenzyme

Hier eine Gegenüberstellung der künstlichen Formen und bioverfügbaren Coenzym-Formen:

B1 (Thiamin)

Thiamin-HCl, Thiaminmononitrat

Thiamin-di-Phosphat, Cocarboxylase (Thiaminpyrophosphat)

Benfotiamin

B2 (Riboflavin)

Riboflavin

Riboflavin 5’-Phosphat, / Flavinmononucleotid (FMN)

 

B3 (Niacin)

Niacin, Nicotinsäure

Niacinamid, Nicotinamid-di-Phosphat/Nicotinamid-Adenin-Dinukleotid (NAD), Nikotinamid-Adenin-Dinucleotid-Phosphat (NADP+), Nicotinamid-di-Phosphat Hydrat/Nikotinamid-Adenin-Dinucleotid-Hydrid (NADH)

Inositol-Nicotinat, Inositol-Hexaniacinat, lnositol-Hexanicotinat

B5 (Pantothensäure)

Pantothensäure, Pantothenat, Calcium-D-Pantothenat

D-Pantothensäure, Pantethin, 4′-Phosphopantethein

Dexpanthenol, D-Panthenol

B6 (Pyridoxin)

Pyridoxin, Pyridoxin-HCl

Pyridoxal-5-Phosphat/P-5-P

 

B7 (Biotin)

Biotin

D-Biotin

B9 (Folsäure)

Folsäure, Pteroylmonoglutamin-säure,

Folat, 5-Formyl- Tetrahydrofolat, 5-Methyltetrahydrofolat/5-MTHF, Calcium-L-Methylfolat (Metafolin®)

B12 (Cobalamin)

Cyanocobalamin

Methylcobalamin, Adenosylcobalamin

Hydroxocobalamin

Fehlende Forschung

Bislang fehlen leider verlässliche wissenschaftliche Forschungen zu diesen Themen. Nur bei Folsäure und Vitamin B12 liegen genug Studien vor, die tendenziell einen leichten Vorteil für die Coenzym-Formen aufzeigen. Zu den natürlichen B-Vitaminen hingegen fehlen vergleichende wissenschaftliche Studien bisher völlig, so dass man sich hier bei der Entscheidung für einen Wirkstoff nur auf das persönlich Gefühl und den gesunden Menschenverstand verlassen kann.

In unseren Augen scheint es mehr als plausibel, dass unser Körper evolutionär optimal an natürliche Nährstoffe angepasst ist. Wo immer möglich, sollte der Vitaminbedarf deshalb durch frische Nahrungsmittel gedeckt werden. Wo das nicht möglich ist, ist in unseren Augen solchen Präparaten der Vorzug zu geben, die sich möglichst nah an der Natur orientieren – am Besten, indem die Inhaltsstoffe aus natürlichen Lebensmitteln gewonnen werden, oder indem solche Vitamin-Formen verwendet werden, wie sie auch im menschlichen Körper wirklich vorkommen.

Quellen:

  1. 1 Schreeb, K.H. et al, Comparative bioavailability of two vitamin B1 preparations: benfotiamine and thiamine mononitrate, Eur J Clin Pharmacol. 1997;52(4):319–320; PMID 9248773.